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Synonyme: Entzündung der Herzinnenhaut
Das Herzinnere und auch die Herzklappen sind mit einer Art Haut, dem Endokard, überzogen. Tritt eine Endokarditis auf, befallen Bakterien oder seltener Pilze diese Haut und verursachen eine Entzündung. Im Verlauf der Erkrankung greift diese Entzündung oft auch auf den Herzmuskel über, wobei man dann von einer Endo-Myokarditis spricht.
Durch eine Vielzahl teilweise alltäglicher Ereignisse, wie zum Beispiel das Zähneputzen, gelangen immer wieder einzelne Bakterien in den Blutkreislauf, wo sie sehr rasch durch das Immunsystem abgetötet werden.
Durch zahnärztliche oder chirurgische Eingriffe gelangen deutlich mehr Bakterien ins Blut, was jedoch für eine gesunde Person im Normalfall immer noch kein gesundheitliches Problem darstellt. Sind bei einer Person jedoch die Herzklappen beschädigt, können sich diese Bakterien dort anheften und vermehren.
Am häufigsten betroffen sind Personen mit angeborenem Herzfehler, einem Herzfehler nach rheumatischem Fieber, schweren altersbedingten Verkalkungen der Herzklappen, oder Personen mit künstlichen Herzklappen. Auch Patienten mit anderen angeborenen Herzfehlern wie zum Beispiel einem Defekt der Muskelwand zwischen den zwei Herzkammern (Ventrikelseptumdefekt), oder Personen, bei denen schwere Herzfehler operiert werden mussten, können betroffen sein. Wenn untypische Formen einer Endokarditis auftreten, werden sie oft bei drogenabhängigen Personen beobachtet. Bei diesen Fällen gelangen die Bakterien über die Spritzen, mit welchen die Drogen (meist in einer unhygienischen Umgebung) gespritzt werden, in die Blutbahn.
Die Symptome bei einer Endokarditis können sich sehr unterschiedlich präsentieren
Die akute Endokarditis verursacht plötzliches hohes Fieber zwischen 39 und 40°C, einen sehr schnellen Ruhepuls, ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl und eventuell Schüttelfrost.
Im Unterschied dazu verursacht die sogenannte Endokarditis lenta lange Zeit keine eindrücklichen Symptome. Häufig treten nur unspezifische Beschwerden wie leicht erhöhte Temperatur, Müdigkeit oder ein leicht erhöhter Ruhepuls auf. Ebenso häufig fallen den Betroffenen ein ungewollter Verlust von Körpergewicht, eine erhöhte Tendenz zum Schwitzen sowie die Symptome einer Blutarmut auf.
Die Blutströmung kann die Bakterienauflagerungen auf den Herzklappen ablösen, worauf diese in die Gefässe ausgeschwemmt werden und Gefässe verstopfen können. Wird zum Beispiel ein Hirngefäss verstopft, kann ein Schlaganfall auftreten, ist ein Herzkranzgefäss betroffen, führt dies zu einem Herzinfarkt. An der Haut kommt es manchmal zu punktförmigen Blutungen oder vor allem an den Fingern und Zehen zu schmerzhaften, roten Knötchen.
Die Entzündung kann so massiv sein, dass die befallenen Herzklappen durch die Entzündung ein Loch bekommen und damit ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Das dann zurückfliessende Blut führt zu einer erheblichen Herzbelastung und kann, da das Herz keine Zeit hat, sich auf die neue Situation einzustellen, zu einem rasch auftretenden Herzversagen führen.
Nicht durch Bakterien verursachte Endokarditis
Die häufigste nicht durch Bakterien verursachte Endokarditis ist die sogenannte rheumatische Endokarditis. Sie tritt typischerweise 1-3 Wochen nach einer Infektion des Rachenraumes mit Bakterien auf. Sie wird nicht direkt durch die Bakterien verursacht, sondern im Rahmen eines rheumatischen Fiebers, durch Fehlreaktion des Immunsystems der betroffenen Personen.
Eine andere Art der Endokarditis, welche nicht direkt durch Bakterien verursacht wird, ist die sogenannte Endokarditis Libman-Sacks. Diese Form entsteht im Rahmen einer Autoimmunkrankheit, des systemischen Lupus erythematodes. Diese Form ist dadurch gekennzeichnet, dass sie häufig mit einer gleichzeitigen Entzündung des Herzbeutels, des Perikards, einhergeht (Perikarditis). Auch die Haut, welche die Lunge einkleidet, die Pleura, ist häufig von der Entzündung mit betroffen (Pleuritis).
Die Diagnose der Endokarditis kann den Ärzten sehr viel Mühe bereiten, weil keines der Symptome eindeutig auf eine Endokarditis hinweist. Manchmal kann zum Beispiel das Auftreten von Fieber, für welches zu Beginn der Abklärungen keine augenscheinliche Ursache auszumachen ist, das einzige Symptom einer Endokarditis sein.
Wichtig für die Diagnose ist in jedem Fall die Kenntnis von eventuell vorhandenen Risikofaktoren wie zum Beispiel die oben beschriebenen Herzklappenerkrankungen. Auch eine vorausgegangene zahnärztlichen Behandlung oder ärztliche Eingriffe können einen wichtigen Hinweis auf die Ursache einer Endokarditis geben.
Bei der Suche nach einer Endokarditis wird gezielt nach dem möglichen Erreger gesucht. Dabei müssen in zeitlichen Abständen mehrere Blutproben abgenommen werden, in welchen Bakterien nachgewiesen werden müssen. Bei einer bakteriellen Endokarditis werden typischerweise Bakterien von den infizierten Herzklappen ins Blut freigesetzt. Deshalb müssen diese verdächtigen Erreger im Falle einer Endokarditis in mehreren Blutproben nachgewiesen werden können. Eine sehr wichtige Untersuchung zur sicheren Diagnose einer Endokarditis ist der Nachweis von Auflagerungen auf den Herzklappen, welche aus Bakterien und Produkten der Blutgerinnung bestehen. Die am besten geeignete Untersuchung für diesen Nachweis ist die Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie). Genauer noch als die Echokardiographie von aussen durch den Brustkorb ist Echokardiographie über die Speiseröhre. Dabei wird die Ultraschallsonde durch den Mund in die Speiseröhre eingeführt.
Bei Patienten mit einem erhöhten Risiko, an einer Endokarditis zu erkranken wird im Rahmen einer Vorsorge in Situationen, bei denen ein erhöhtes Risiko einer Infektion der Herzklappen besteht, ein Antibiotikum verabreicht. Damit kann relativ sicher das Entstehen einer Endokarditis vermieden werden. Dies betrifft vorwiegend Personen mit deutlich veränderten oder künstlichen Herzklappen sowie diejenigen, welche bereits eine Endokarditis durchgemacht haben. In der untenstehenden Tabelle sind einige wichtige Situationen aufgeführt, welche eine solche Endokarditis-Prophylaxe mit einem Antibiotikum erfordern.
Zahnärztliche Behandlung | Chirurgischer Eingriff | Ärztliche Behanldung |
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Wenn ein Zahn gezogen werden muss | Enfernung der Rachenmandeln | Endoskopische Untersuchung der Harnblase |
Einsetzen einer Zahnprothese | Operationen am Darm oder an den Gallenwegen | Aufweitung der Speiseröhre oder der Harnröhre |
Wurzelbehandlung | Operationen an der Prostata | Endoskopische Untersuchung der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse |
Operation am Zahnfleisch | Entfernen von Krampfadern in der Speiseröhre | |
Zahnreinigung, bei der es zu Blutungen kommen kann, sowie Zahnsteinentfernung |
Ist eine Endokarditis aufgetreten, muss sie durch eine hochdosierte Antibiotika- Therapie behandelt werden. Die Therapie mit diesen Medikamenten muss in der Regel über einen Zeitraum von etwa 4-6 Wochen direkt in die Venen verabreicht erfolgen. Je nach Erreger kommen verschiedene Therapieschemen zum Einsatz. Bei Personen, die an einer Antibiotika-Allergie leiden, kann auf synthetische Antibiotika ausgewichen werden.
Eine Antibiotka-Therapie kann in gewissen Fällen ungenügend sein um die Endokarditis erfolgreich zu behandeln. In diesen Fällen müssen die Herzklappen meistens mittels Operation durch künstliche Herzklappen ersetzt werden. Tritt die Endokarditis bei Personen mit künstlichen Herzklappen auf, können sich diese durch die Entzündung lockern und ihren Dienst versagen. In Situationen wo es zu einer raschen Verschlechterung der Klappenfunktion kommt, muss notfallmässig operiert werden, da sonst das Herz durch die plötzlich höhere Belastung durch zurückströmendes Blut überfordert sein kann. Unbehandelt würde dies zu einem plötzlichen Herzversagen und allenfalls zu rasch eintretendem Tod führen.
Autor/in: | Dr. med. Urspeter Knecht | |
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Keywords: | Endokarditis, Entzündung der Herzinnenhaut, Herzklappenerkrankungen, rheumatisches Fieber, Ventrikelseptumdefekt, Herzentzündung, Herzklappenentzündung, Aortenklappeninsuffizienz | |
ICD-10: | I33 | |
Zuletzt geändert: | 04.11.2016 | Zum Seitenanfang |
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