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Aortenklappeninsuffizienz

Synonyme: Aorteninsuffizienz

Allgemeines

Übersicht Herz

Die Hauptaufgabe des Herzens besteht darin, das von der Lunge mit Sauerstoff angereicherte Blut zurück in den Kreislauf zu pumpen. Das Blut wird dabei vom Herzen in die Hauptschlagader, auch Aorta genannt, gepumpt. Von dieser Hauptschlagader gehen alle Gefässe ab, welche nach weiterer Verzweigung den Körper mit Blut versorgen. Damit das Blut, nachdem es einmal in den Körperkreislauf gepumpt worden ist, nicht mehr ins Herz zurückfliessen kann, befindet sich am Übergang vom Herz zur Hauptschlagader eine Klappe, die sogenannte Aortenklappe. Diese besteht normalerweise aus drei taschenähnlichen Klappenteilen und ist nur in einer Richtung durchgängig. Wenn das Herz Blut in den Kreislauf pumpt geht sie auf, und verschliesst sich nach jedem Herzschlag wieder, damit das Blut nicht wieder zurück ins Herz gelangen kann.

Aortenklappeninsuffizienz

Besteht eine Aortenklappeninsuffizienz, ist dieser Verschluss aus unterschiedlichen Gründen nicht dicht, und das in die Hauptschlagader gepumpte Blut kann je nach Ausmass der Erkrankung wieder in die Herzkammer zurückfliessen.

Die häufigsten Ursachen der Aortenklappeninsuffizienz sind zum einen normale Alterungsprozesse oder aber auch krankhafte Zustände, welche die Klappen beschädigen können. Beispielsweise führt ein zu hoher Blutdruck zu einer starken Klappenbelastung mit einer daraus resultierenden Beeinträchtigung der Klappenstruktur und damit auch deren Funktion.

Zum anderen gehören auch angeborene Missbildungen, wie etwa das Bestehen von 2 anstelle von 3 Klappentaschen, und eine durchgemachte bakterielle Infektion der Klappe, eine sogenannte Endokarditis, dazu.

Früher standen als hauptsächliche Auslöser der Aortenklappeninsuffizienz die rheumatische Endokarditis und die Lues (Syphilis) im Vordergrund. Beiden Krankheitsbildern geht eine Infektion mit bakteriellen Erregern voraus. Die Herzklappen werden jedoch erst im späteren Krankheitsverlauf mit beeinträchtigt. Diese Ursachen einer Aortenklappeninsuffizienz treten in letzter Zeit weniger häufig neu auf, da die Krankheitserreger meist bereits vor Befall der Herzklappe durch eine gezielte Antibiotikatherapie eliminiert werden können. Befallen Bakterien, wie beispielsweise Streptokokken, die Aortenklappen jedoch auf direktem Weg, kommt es zu einer plötzlich und akut auftretenden Aortenklappeninsuffizienz. Im Rahmen dieser sogenannten Endokarditis werden die Herzklappen zerstört und damit undicht. Seltener kann dies auch nach einem schweren Unfall mit Verletzung des Herzens auftreten.

Symptome

Die Aortenklappeninsuffizienz verursacht für die betroffenen Personen lange keine spürbaren Symptome, obwohl das durch die undichte Klappe aus der Hauptschlagader zurückfliessende Blut schon über längere Zeit die Pumpfunktion des linken Herzens überbelastet und dadurch das Herz schädigt. Symptome treten erst auf, wenn die linke Herzkammer in ihrer Pumpfunktion zunehmend überfordert wird und es nicht mehr schafft, das massiv grössere Blutvolumen in den grossen Kreislauf zu pumpen. Für den Betroffenen wird dies an einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit spürbar, so dass bereits bei geringen Anstrengungen Atemnot und Herzklopfen auftritt. Bei einer fortgeschrittenen Aorteninsuffizienz vermag das linke Herz endgültig nicht mehr alles Blut weiterzupumpen, und es kommt zu einem Rückstau in die Lunge und in die grossen Venen des Körpers. Wegen dieser Flüssigkeitsansammlung in der Lunge und den Beinen, klagen Betroffene dann zunehmend auch über Atemnot beim Flachliegen und dicke, schwere Beine. Steht man bei Auftreten dieser Atembeschwerden auf oder schläft mit erhobenem Kopfteil im Bett, vermindert sich die Atemnot meist innerhalb weniger Minuten wieder.

Gelegentlich können als erste Symptome des beschädigten Herzens auch Rhythmusstörungen entstehen, welche sich durch ein Herzstolpern, Herzrasen oder plötzliche Ohnmachtsanfälle äussern. Nur in wenigen Fällen wird der Herzmuskel ungenügend mit Sauerstoff versorgt, wobei dann Angina pectoris- Beschwerden auftreten.

Bei der körperlichen Untersuchung fällt bei fortgeschrittenen Fällen ein sogenannter Wasserhammerpuls auf. Er entsteht durch die verstärkte Pumptätigkeit des Herzens. Zu spüren ist ein stark stampfender Puls, welcher ebenso schnell wieder nicht mehr spürbar ist. Bei der Blutdruckuntersuchung findet sich entsprechend ein sehr hoher oberer Blutdruckwert, während der untere kaum messbar tief ist. Dieser starke Pulsschlag kann auch ein pulssynchrones Dröhnen im Kopf und ein ebenfalls pulssynchrones Kopfnicken auslösen. Dieses Zeichen wird heute jedoch fast nicht mehr gefunden, da die Diagnose meist früher gestellt wird. Es gibt jedoch berühmte Fälle aus der Kunst, wie zum Beispiel der Schriftsteller Alfred Musset, welche an dieser Klappenerkrankung litten und bei denen dieses eigenartige Kopfnicken beobachtet wurde.

Diagnose

Für die Diagnose einer Aortenklappeninsuffizienz sind die oben beschriebene grosse Differenz zwischen dem oberen und unteren Blutdruckwert sowie der Wasserhammerpuls wegweisend. Ebenso wichtig sind die daraus resultierenden Phänomene wie zum Beispiel das pulssynchrone Kopfnicken oder das pulssynchrone Dröhnen im Kopf. Beim Abhören des Herzens mit dem Stethoskop, können für diese Krankheit charakteristische Herzgeräusche gehört werden. Bei länger bestehender Krankheit wird auf dem Röntgenbild vom Oberkörper oft ein vergrössertes Herz gesehen. Dies ist ein Zeichen der erhöhten Pumpleistung und der daraus resultierenden Herzmuskelvergrösserung.

Mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung ist es möglich, die kranke Aortenklappe genau darzustellen und zu beurteilen. Mit dieser Untersuchung wird ebenfalls das Zurückfliessen von Blut aus der Hauptschlagader zurück in die Herzkammer sichtbar gemacht und das zurückgeflossene Blutvolumen gemessen. Das Elektrokardiogramm (EKG) kann als rasch durchzuführende Untersuchung zur Beurteilung der Herzbelastung herangezogen werden.

Noch genauere Untersuchungsergebnisse liefert jedoch die sogenannte Herzkatheteruntersuchung. Dabei wird ein feiner Schlauch, an dessen Spitze ein kleines Messgerät befestig ist, über die Blutgefässe bis in das Herz vorgeschoben. Dort werden dann die genauen Druckverhältnisse auf beiden Seiten der Aortenklappe und der Sauerstoffgehalt im Blut gemessen. Dadurch kann berechnet werden, wie viel Blut durch das Herz zirkuliert. Im gleichen Untersuchungshergang wird Kontrastmittel in die Herzkranzgefässe eingespritzt, damit diese mittels einer speziellen Bildgebung dargestellt werden können. Somit kann gleichzeitig die Blutversorgung des Herzens beurteilt werden und abgewogen werden, ob die Herzleistung nur durch die vorliegende Aortenklappeninsuffizienz oder zusätzlich durch eine ungenügende Herzmuskeldurchblutung beeinträchtigt wird. Besteht eine Verengung der Herzkranzgefässe, eine sogenannte koronare Herzkrankheit, kann diese ebenfalls während der gleichen Herzkatheteruntersuchung therapiert werden.

Therapie

Personen mit einer Aortenklappeninsuffizienz, welche keine Beschwerden macht, sollten körperlich aktiv bleiben. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass sehr grosse körperliche Belastungen sowie Wettkampfsport vermieden werden.

Es ist ebenfalls wichtig, dass regelmässige Ultraschalluntersuchungen (Echokardiographie) zur Beurteilung des Ausmasses der Klappenerkrankung durchgeführt werden, da schon vor dem Auftreten von Symptomen nicht wieder rückgängig machbare Herzmuskelschäden entstehen können. Dadurch kann der Verlauf der Erkrankung beobachtet und eine nötig werdende Operation zum richtigen Zeitpunkt geplant werden.

Sobald die Herzklappenerkrankung eine Erweiterung und eine verminderte Pumpfunktion der linken Herzkammer verursacht, muss sie, auch beim - noch - beschwerdefreien Patienten, mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffs behandelt werden. Dabei kommen zurzeit nur Verfahren in Frage, bei denen die erkrankten Herzklappen durch Prothesen ersetzt werden. Näheres zum Thema der künstlichen Herzklappen erfahren sie im Kapitel Herzklappenprothesen.

Autor/in:Dr. med. Urspeter Knecht, Arzt
Keywords:Aortenklappeninsuffizienz, Aorteninsuffizienz, undichte Aortenklappe, Herzklappenerkrankungen, Herzklappenfehler, Herzfehler, Endokarditis, Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie, Herzschwäche, rheumatisches Fieber
ICD-10:I35.1
Zuletzt geändert:04.11.2016Zum Seitenanfang
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